Offiziell vorgestellt wurde die Initiative für Finanzbildung in der Steiermark am 19. April 2018, dem Weltfondstag. Unter anderem haben ORF Steiermark und das Förderportal darüber berichtet.
In Sachen Finanzbildung besteht großes Potenzial, wie Studien immer wieder bestätigen. 60 Prozent der Schüler in der 8. Schulstufe sind laut einer im April 2018 veröffentlichten WU-Erhebung fälschlicherweise der Meinung, dass der Geldwert steigt, wenn die Preise steigen. Eine Befragung im Auftrag der Wiener Börse zeigt, dass 48 Prozent der Österreicher ihr Finanz- und Wirtschaftswissen als gar nicht oder weniger gut beurteilen. Das kann drastische Konsequenzen haben: Jede 4. zahlungsunfähige Person in Österreich ist laut Finanzministerium 30 Jahre oder jünger. Die steirischen Finanzdienstleister nehmen sich diesem immer größeren Problem an.
Finanzbildung ist gesellschaftliche Verantwortung
Hannes Dolzer, österreichweiter Fachverbands- und steirischer Fachgruppenobmann der Finanzdienstleister beim Pressegespräch am 19. April 2018 in Graz: „Um fundierte Finanzentscheidungen treffen zu können, braucht es ein solides Basiswissen. Wir übernehmen hier gerne gesellschaftliche Verantwortung und unterstützen steirische Schulen mit unserem Fachwissen.“
Schul-Workshops für Finanzbildung in der Steiermark
Der erste Workshop mit rund 850 (!) teilnehmenden Schülern fand im Februar 2018 am BG/BRG Kirchengasse statt und wurde von den Schülern sehr positiv aufgenommen (siehe unten). Fachgruppenobmann-Stellvertreter Markus Kohlmeier, der die Initiative koordiniert:
„Wir vermitteln den Schülern in Workshop lebensnah die wichtigsten Basics: wie man Überblick über seine Einnahmen und Ausgaben behält, wie sich Fonds von Aktien unterscheiden, worauf man bei Handyverträgen achten soll etc. Und wir stehen dem Lehrpersonal auch bei der Unterrichtsvorbereitung oder Fachfragen zur Verfügung.“
Neben den steirischen Finanzdienstleistern stehen bei den Workshops auch Kooperationspartner als Experten zur Verfügung (z.B. von Finanzamt, AKV – Alpenländischer Kreditorenverband etc.). Auch auf Trend-Themen wie Bitcoins oder Crowdinvesting wird eingegangen, „die Schüler haben da sehr großes Interesse, kennen die Begriffe vom Hörensagen und wollen genauer wissen, was es damit auf sich hat“.
Wirtschafs- und Finanzwissen wird immer wichtiger
Bildungs- und Jugendstadtrat Kurt Hohensinner unterstützt die Initiative: „Wirtschafts- und Finanz-Know-how wird in der heutigen, immer komplexer werdenden Wirtschaftswelt immer wichtiger. Gleichzeitig zeigen uns zahlreiche Studien und Untersuchungen, dass das Wirtschaftswissen in Österreich nach wie vor eher schwach ausgeprägt ist. Vor allem die Lehrpläne in unseren Schulen sind nach wie vor viel zu wenig auf wirtschaftliche Grundkenntnisse und das Lösen von betriebswirtschaftlichen Problemstellungen ausgerichtet. Auch die Vermittlung eines positiven Unternehmer-Bildes ist mir ein großes Anliegen. Aus diesem Grund freue ich mich, dass die steirischen Finanzdienstleister mit dem vorliegenden Projekt gesellschaftliches Engagement zeigen und ihr Fachwissen im Rahmen von Schul-Workshops zur Verfügung stellen. Die positiven Rückmeldungen nach dem ersten Pilot-Workshop zeigen, wie wichtig ein solches Projekt ist.“
Positives Feedback zu den Finanzbildung-Workshops
Direktor Reinhard Gande und Friederike Rath vom BG/BRG Kirchengasse berichten über die Pilot-Workshops, die an ihrer Schule stattfanden: „Das Feedback der Schüler zu den Workshops war sehr positiv, wir wollen die Kooperation mit den Finanzdienstleistern auf jeden Fall fortsetzen. Uns ist es wichtig, dass die Kinder über die wichtigsten Dinge Bescheid wissen: wie man sich die Miete finanziert, was bargeldloses Bezahlen bedeutet, häufige Anlageformen etc.“
Fonds: Mangelndes Wissen als größte Hemmschwelle
Apropos Anlageformen: Diese gehen weit über die in Österreich nach wie vor beliebtesten „Klassiker“ Sparbuch und Fonds hinaus. Auch hier erweist sich mangelndes Wissen oft als größte Hemmschwelle, betonten die Experten anlässlich des Weltfondstags am 19. April. „Für 65 Prozent der Österreicher ist das mangelnde Wissen über Fonds der Grund, warum man sie nicht nützt“, zitiert Dolzer aus einer aktuellen, Umfrage des VÖIG. Nur rund ein Viertel der Österreicher nützen derzeit Fonds als Anlageform. „Fonds haben im Gegensatz zu Aktien den Vorteil, dass das Risiko breiter gestreut ist. Außerdem ist Fondssparen auch bereits mit sehr geringem Budgeteinsatz möglich.“
Fonds als Sparform zu nutzen lohnt sich selbst in Zeiten der Krise, zeigt ein Vergleich des Fachverbands Finanzdienstleister: 2017 waren fast alle Anleger, die vor 10 Jahren Aktien gekauft haben, im Plus – die meisten sogar deutlich. Die durchschnittliche Jahresrendite liegt bei 4,2 Prozent.
Allgemeine Infos zum Thema Finanzbildung
Was versteht man überhaupt unter Finanzbildung? International spricht man in diesem Zusammenhang von financial literacy. Laut OECD sind hier nicht neben dem Finanzwissen auch ein Problembewusstsein erforderlich sowie Fähigkeiten, Einstellungen und Verhaltensweisen, die es ermöglichen, in Bezug auf die Finanzen sinnvolle Entscheidungen zu treffen und finanzielle Probleme zu lösen. Experten empfehlen, die Finanzbildung in eine umfassende Wirtschaftsbildung einzubetten und vor allem mit typischen Herausforderungen aus der Lebenswelt der Jugendlichen zu verbinden. So erzeugt man „teachable moments“ und nützt deren didaktisches Potenzial.
Fotos: WKO/Lunghammer