Um 64,6 Prozent ist das Volumen der nachhaltigen Fonds in Österreich im letzten Jahr gestiegen. Anlässlich des Weltfondstags am 19. April erläutern die steirischen Finanzdienstleister, welche Auswirkungen die seit März 2021 gültigen EU-Richtlinien auf nachhaltige Investitionen haben. Und warum nachhaltige Investments keineswegs Abstriche bei den Gewinnaussichten bedeuten.
Der Trend zu Fonds ist ungebremst. Auch im Krisen-Jahr 2020 stieg das Fondsvolumen. Laut VÖIG (Vereinigung österreichischer Investmentgesellschaften) erhöhte sich das österreichische Fondsvolumen der Wertpapier-Verwaltungsgesellschaften im Vergleich zu 2019 um 3,8 Prozent.
„Mit einem Volumen von 191,9 Mrd. Euro erreichte die österreichische Fondsbranche damit einen neuen Höchstwert“, sagt Hannes Dolzer, steirische Fachgruppen- und österreichweiter Fachverbandsobmann der Finanzdienstleister.
Vor allem nachhaltige Investmentfonds werden immer stärker nachgefragt. „Das Volumen der nachhaltigen Investmentfonds hat sich von 2019 auf 2020 um 64,6 Prozent erhöht und lag Ende 2020 bei 17,4 Milliarden Euro.“ (Zur Statistik des VÖIG)
Nachhaltige Fonds liegen im Trend
„Auch eine aktuelle Umfrage unter Finanzdienstleistern zeigt, dass das Interesse an nachhaltigen Investmentmöglichkeiten deutlich gestiegen ist und dieser Trend anhalten wird. Nachhaltigkeit ist das Gebot der Stunde“, so Dolzer.
Neue EU-Richtlinien für nachhaltige Fonds seit 10. März 2021
Weiter verstärken wird diesen Trend die neue EU-Offenlegungs-Verordnung für nachhaltige Investitionen, die am 10. März 2021 in Kraft getreten ist, erläutert Dolzer. „Diese macht eine Offenlegung der Nachhaltigkeit erforderlich, wenn entweder den Kunden Produkte mit Nachhaltigkeitsaspekten angeboten werden oder Kunden danach fragen. Ab Anfang 2022 müssen Anbieter Kunden darüber hinaus aktiv fragen, ob sie nachhaltige Finanzprodukte wünschen.“
3 Kategorien für nachhaltige Anlageprodukte
Anlageprodukte wie Fonds oder Lebensversicherungen müssen von den Anbietern selbst in 3 Kategorieneingeteilt werden:
- „grau“ oder „farblos“: Konventionelle Produkte ohne Berücksichtigung von Nachhaltigkeitskriterien, wobei freiwillige Kriterien möglich sind
- „hellgrün“: Finanzprodukte mit einer verpflichtenden Nachhaltigkeitsstrategie
- „dunkelgrün“: Nachhaltige Produkte mit messbarem Einfluss (Impact)
Zum „messbareren Einfluss“ definiert Artikel 9 unter anderem: „Wird mit einem Finanzprodukt eine Reduzierung der CO2-Emissionen angestrebt, so enthalten die … offenzulegenden Informationen eine ausführliche Erklärung dazu, wie die Ziele geringer CO2-Emissionen zur Verwirklichung der langfristigen Erderwärmungsziele des Übereinkommens von Paris gewährleistet werden.“
Nachhaltigkeit rechnet sich
„Marktanalysen zeigen, dass nachhaltige Geldanlagen mindestens ebenso gut wie herkömmliche Anlageformen abschneiden“, bestätigt Dolzer. „Und man muss auch die Resilienz bedenken. Die Klimakrise bringt Risiken mit sich, die Unternehmen – und damit auch meine Investments – unterschiedlich stark betreffen. Wenn ich Aktien oder Fonds von Unternehmen besitze, deren Geschäftsmodell stark von fossilen Energieträgern abhängig ist, hat eine höhere Besteuerung von CO2 natürlich andere Auswirkungen, als wenn ich in ein Unternehmen investiere, das davon völlig unabhängig ist“, nennt Dolzer ein Beispiel.
„Auch ist die Reputation ein Thema. Nachhaltige Geschäftsmodelle werden in der Gesellschaft zunehmend nachgefragt, das ist beispielsweise gut am Trend zum regionalen Einkaufen oder zur E-Mobilität erkennbar.“
Planungssicherheit für Unternehmen
Die anstehenden rechtlichen Veränderungen – es wird in naher Zukunft das Klimagesetz beschlossen, das die Klimaziele rechtsverbindlich macht – werden die Entwicklung noch zusätzlich vorantreiben. „Für Unternehmen bringt das mehr Planungssicherheit mit sich“, betont Dolzer. „Und es zeichnet sich ab, dass dadurch nachhaltige Investments in Zukunft noch stärker an Bedeutung gewinnen werden. Auch beim rechtlichen Rahmen für den Finanzmarkt – unter anderem in Bezug auf die Transparenz – stehen Änderungen an. Das Thema Nachhaltigkeit rückt damit noch stärker in den Fokus.“
Was ist eine nachhaltige Investition?
Eine nachhaltige Investition liegt laut Verordnung über die Einrichtung eines Rahmens zur Erleichterung nachhaltiger Investitionen („Taxonomie-Verordnung“) dann vor, wenn sie
- einen wesentlichen Beitrag zur Verwirklichung eines oder mehrerer Umweltziele leistet,
- nicht zu einer bestimmten erheblichen Beeinträchtigung eines oder mehrerer Umweltziele führt,
- unter Einhaltung des festgelegten Mindestschutzes ausgeübt wird und
- technischen Bewertungskriterien entspricht.
Dabei sind 6 Umweltziele definiert:
- Klimaschutz
- Anpassung an den Klimawandel
- nachhaltige Nutzung und Schutz von Wasser- und Meeresressourcen
- Übergang zu einer Kreislaufwirtschaft, Abfallvermeidung und Recycling
- Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung sowie
- Schutz gesunder Ökosysteme
Die 6 Umweltziele werden in der Verordnung auch näher bestimmt. Beispielsweise wird der Klimaschutz definiert als „die Vorgehensweise, den Anstieg der durchschnittlichen Erdtemperatur deutlich unter 2 °C zu halten und Anstrengungen zu seiner Begrenzung auf 1,5 °C über dem vorindustriellen Niveau zu unternehmen, wie im Übereinkommen von Paris festgelegt“.